Faszination Analog in der “digitalen Neuzeit”

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In der heutigen digitalen Welt muss irgendwie alles moderner, schneller, schärfer, leistungsfähiger und wohl auch teuerer sein. Wenn man sich Foto-Diskussionen wie in Facebook-Gruppen anschaut, hat man den Eindruck, daß ein Foto bis ins kleinste Detail überall super-scharf sein müsste. So verlangt es jedenfalls so mancher Kommentator, der das ein oder Bild gerne mal zerreißen mag. 

Es gibt aber auch Bild-Looks, die weiche cineartige Farbgebungen, Schattierungen aufweisen und auch mal gerne mit Unschärfen arbeiten. Das so hat es den Anschein interessiert manchmal nur wenige. Hat man zumeist oft den Eindruck beim Lesen der Feedbacks zu eingereichten Bildern. Genauso bekommt man anscheinend nur relativ wenige Likes, wenn man nicht gerade nackte Wahrheiten oder Sonnenuntergänge fotografiert hat. Es gibt aber leider “Fotografen”, die wohl diese Art von Bestätigung in Form von Likes benötigen. Künstlerische Fotos mit Aussagekraft findet man daher selten bei Facebook  Fotografie-Gruppen, eher bei Instagram oder Foto-Homepages und in speziellen Foto-Foren. Ein Trend der letzten Zeit ist vermehrt die Anwendungen von Retro-Filtern. Selbstgemachte Smartphone-Fotos mit Darstellung von spezieller Mattigkeit, weniger Sättigung und weicheren Strukturen. Man muss sich mal grossartige Fotos bekannter Fotografen aus dem letzten Jahrtausend anschauen, die sich bewusster um das Motiv und weniger um die Gesamtschärfe des Bildes Gedanken machten. Helmut Newton wäre da nur ein Beispiel. 

Es ging nicht um Schärfe sondern Ausdruck. Film-Körnungen, Unschärfen waren gang und gebe und gaben so dem Foto erst den “richtigen ” Look. So wie wir es heute zum Teil nachahmen. Sicher gaben damals die technischen Möglichkeiten der Fotoapparate mehr vielleicht auch gar nicht her. Aber das war halt dann so. Das Foto war trotzdem gut.

So verwundert es einen doch nicht, wenn eine gewisse Anzahl an Fotografen, egal ob Hobby oder Profi, sich heute auch aus diesem Grund wieder mehr für Analogfotografie begeistern. Egal, ob es nur ein Objektiv ist oder eine alte Spiegelreflexkamera.

Was aber macht hier den “Reiz” aus?  Wozu also noch mit Objektiven einer längst veralteten Generation fotografieren?

Es ist sicherlich die Art, wie man Kamera und Objektiv bedienen muss. Man knipst nicht mehr im Automatikmodus mit automatischer Scharfstellung. Man kümmert sich wieder mehr um die Regeln der Belichtung, stellt Blende, Fokus und die Belichtungszeit per Hand ein. Man nimmt sich wieder mehr Zeit für das Bild. Sicherlich ist es einfacher, alles automatisch ablaufen zu lassen und der heutigen Elektronik zu vertrauen. Das sogenannte Swirley-Bokeh vieler alter Linsen begeistert immer wieder viele Fotografen.

Ein richtiger Hype entstand deshalb, wie auch Suchanfragen nach “Bokeh Monster” immer wieder zeigten. Auf dem Dachboden gefundene Objektive wie das Helios 44-2 finden schnell zu neuen Besitzern. Wenn der Stil eines ganz bestimmten Objektivs sehr gut mit dem persönlichen Stil des Fotografen harmoniert, um so besser. Unter älteren Objektiven gibt es eine größere Bandbreite an Eigenschaften – von traumhaft weich, über interessant kantig bis hin zu abscheulich verzerrt. Dennoch bieten einige dieser Objektive eine willkommene Abwechslung zu den vielen und unverwechselbaren modernen Objektiven. So erklärt es sich auch, dass die Objektive solche beliebten Sammelgegenstände sind. Zudem sind Kontrastverhalten, leichte Mattigkeit in den Fotos von analogen Objektiven einzigartig. Was auch viele heutzutage über Bildbearbeitungsprogramme wie Lightroom über Presets bei ihren digitalen Fotos mit modernen Objektiven erst einarbeiten. Oder auch Filter bei Instagramm zeigen diesen Retro-Style.   


Aber es ist bei der Analogfotografie auch ein Zeichen der Entschleunigung. Etwas was wir in der heutigen modernen und hektischen Welt manchmal brauchen. Man muss aber auch berücksichtigen, dass diese Art der manuellen Belichtung und Handhabung absolut ungeeignet ist für Sport- und Actionfotografie. Da geht nichts über einen schnellen Autofokus.  Und seitdem es jede Art von Adapter gibt, um mögliche Kombinationen zwischen Digitalkamera und Objektiv zu erfüllen, steigt der Marktanteil an analogem Material wieder. Aber auch die Preise für so manches gute Objektiv steigen in ungeahnte Regionen.

Konica Minolta, Exakta, Cosinon oder Porst – diese Namen mögen dem einen oder anderen Besitzer einer modernen Spiegelreflex- oder Systemkamera heutzutage nicht mehr viel sagen. Aber zu Zeiten der analogen Fotografie waren sie jedem Fotografen ein Begriff. Während all diese und noch viele weitere Hersteller von Kameras, Objektiven und Zubehör mittlerweile nicht mehr produzieren, werden die alten Geräte noch immer genutzt – Relikte, die heute alte Schätze für Fotografen und Sammler sind. Damalige Markenhersteller wie Minolta genießen nicht nur aufgrund der sehr hochwertigen Verarbeitung der Objektive und der exzellenten technischen Qualitäten auch heute noch einen sehr guten Ruf.  Es gibt auch eine Gruppe von Fotografen wie mich, die gerne experimentiert. Man fotografiert Mauerwände zur Qualitätskontrolle und freut sich am Ausprobieren und Vergleichen. Man entdeckt viel Schrott und manchmal aber auch vielleicht ein Schätzchen. Nicht das kreative Bild steht im Vordergrund, sondern die Spielerei mit seinem Altglas.

Es gibt zudem eine Vielzahl an Portale und Hobby-Webseiten , wo sich Enthusiasten über ein analoges Objektiv zum Teil detailliert inklusive Bilder-Vergleichstest informieren können.

Irgendwie habe ich mich auch wegbewegt von dieser Mainstream-Fotografie, ich will mich mehr auf spezielle Looks in der Natur- und Streetfotografie zukünftig konzentrieren. Und meine Fotos sollen in erster Linie mir selbst gefallen.

Für Likes oder ähnliches fotografiere ich nicht.